Träumt mit fast 39 Jahren von der ersten Medaille bei Olympia: Handballtorhüter Johannes Bitter. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa)

Voller Vorfreude bezog Johannes Bitter mit den deutschen Handballern das olympische Dorf – und dieses Mal will der Torwart-Oldie länger bleiben als bei seinem verpatzten Debüt unter den fünf Ringen vor 13 Jahren in Peking.

«Olympia ist das Größte. Ich freue mich auf das Turnier», sagte Bitter vor dem Start in die Medaillen-Mission der DHB-Auswahl an diesem Samstag gegen Europameister Spanien.

Torwart-Oldie noch ohne Olympia-Medaille

Mit bald 39 Jahren ist Bitter der älteste deutsche Handballer, der jemals an Sommerspielen teilgenommen hat. Als er am 4. Januar 2002 gegen die Schweiz sein Länderspieldebüt gab, war Team-Küken Juri Knorr noch im Kindergartenalter. Bitter ist aber auch der Einzige von insgesamt elf Spielern im 17-köpfigen Kader von Bundestrainer Alfred Gislason, der schon einmal bei Olympia dabei war und trotzdem kein Edelmetall in der heimischen Vitrine hat. Die anderen zehn olympia-erfahrenen Teamkollegen holten 2016 in Rio Bronze.

Bitter dagegen hat keine guten Erinnerungen an Olympia. In Peking schied die DHB-Auswahl als Weltmeister überraschend schon in der Vorrunde aus. «2008 war für uns sportlich nicht perfekt und es hat sich auch vor Ort nicht wirklich frei angefühlt. Deshalb war mein großer Wunsch, in Tokio noch einmal etwas anderes zu erleben», sagte der Familienvater.

Für das große Ziel kehrte Bitter 2020 in die Nationalmannschaft zurück – nach neunjähriger Pause, die er nur für zwei WM-Playoff-Spiele 2015 unterbrochen hatte. «Die Möglichkeit, noch einmal an Olympia teilzunehmen, war für mich in den letzten zwei Jahren die Motivation schlechthin, überhaupt noch weiter Handball zu spielen. Den Traum wollte ich mir unbedingt erfüllen, wenn jetzt auch mit einem Jahr Verspätung», sagte der Routinier unlängst der «Nordwest-Zeitung».

«Zwischendrin ein bisschen Angst»

Fast wäre dieser Traum geplatzt, denn im April musste sich Bitter einer Meniskus-Operation unterziehen. «Natürlich hatte ich zwischendrin ein bisschen Angst, weil so ein großes Ziel aus den Augen zu verlieren nicht schön ist. Wir haben uns aber die nötige Zeit genommen, so dass es gereicht hat. Dem Knie geht es gut», berichtete er. In der Schlussphase der Bundesliga-Saison stand Bitter wieder im Tor des TVB Stuttgart, von wo er gerade zum Aufsteiger HSV Hamburg gewechselt ist.

Gemeinsam mit Andreas Wolff bildet der Oldie das Torhütergespann, dem der Bundestrainer eine große Bedeutung beimisst. «Unsere Chancen in Tokio hängen sehr mit der Abwehr und Torhüterleistung zusammen. Das ist unsere Bank, da müssen wir uns richtig gut präsentieren», sagte Gislason. In den letzten Olympia-Testspielen gegen Brasilien (36:26) und Ägypten (29:27) klappte das schon sehr gut. «Die Torhüter sind sehr gut drauf. Das ist die Position mit der meisten Erfahrung, sie machen alle einen sehr guten Eindruck», sagte Gislason danach und bezog in sein Lob auch Ersatzmann Silvio Heinevetter mit ein.

Gemischte Gefühle wegen Corona

Bitter nimmt aber nicht nur auf dem Parkett eine wichtige Rolle ein, sondern beeinflusst auch maßgeblich das Klima in der Mannschaft. Der meinungsstarke Profi, der sich als Sprecher der Gemeinschaftlichen Organisation aller Lizenz-Handballer (GOAL) auch abseits der Nationalmannschaft für die Interessen der Spieler in Deutschland einsetzt, ist somit ein doppelter Gewinn für die DHB-Auswahl.

Seinen zweiten Olympischen Spielen sieht Bitter trotz seiner großen Routine mit gemischten Gefühlen entgegen. Schuld daran ist Corona. «Uns allen ist bewusst, das wird etwas völlig Anderes. Wir müssen alle flexibel sein im Kopf und uns auf ganz viele unterschiedliche Situationen einstellen, damit wir uns am Ende auf den Handball konzentrieren können», sagte der Klasse-Keeper. Auch wenn die Partien wegen der Pandemie vor leeren Rängen stattfinden, sei er letztlich «froh, dass wir spielen und solch ein großes Event mitmachen dürfen».

Von Eric Dobias, dpa

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