Verlässt die Rhein-Neckar Löwen und die Handball-Bundesliga: Andy Schmid. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Uwe Anspach/dpa)

Andy Schmid will noch einmal alles genießen. Die Atmosphäre. Sein letztes Spiel mit den Rhein-Neckar Löwen.

Schon der finale Auftritt vor dem Heimpublikum am vergangenen Mittwoch war emotional. Schmid verabschiedete sich mit einem Karton voller Kuscheltiere, die für verschiedene Personen und Gruppen standen. Niemanden vergaß er bei seiner minutenlangen Dankesrede. Immer wieder kämpfte der Handballer dabei mit den Tränen.

«Die Handball-Bundesliga ist einfach einmalig. Ich bin dankbar, dass ich das alles über solch eine lange Zeit erleben durfte», sagte der Weltklasse-Regisseur aus der Schweiz vor seinem 603. und letzten Spiel am Sonntag beim deutschen Meister SC Magdeburg (15.30 Uhr/Sky).

Entscheidender Spieler bei den Löwen

Dann endet eine Ära. Nicht nur in Mannheim, sondern in der ganzen Liga, die er geprägt und zeitweise sogar dominiert hat. Von 2014 bis 2018 wurde der 38-Jährige fünfmal nacheinander zum besten Spieler der Bundesligasaison gewählt. Das gelang bislang keinem anderen. Und vermutlich wird es lange Zeit auch keinem anderen gelingen.

«Andy ist einer der größten Handballer in der Geschichte der Bundesliga», sagte der einstige Löwen-Manager Thorsten Storm, der Schmid 2010 zu den Nordbadenern holte. Was er damals nicht wissen konnte: Es war der wichtigste Transfer, den der Club jemals tätigte – auch wenn Schmid erst mit ein wenig Verzögerung zur entscheidenden Figur wurde. Nach einem halben Jahr hätte er den Verein mangels Einsatzzeit fast schon wieder verlassen. Doch der Rückraummann entschied sich zum Bleiben, weil «ich einen Abschied als krasse persönliche Niederlage empfunden hätte».

Schmid biss sich durch und bescherte den Löwen nicht nur magische Momente auf dem Feld, sondern auch alle bislang gewonnenen Titel. Die Kurpfälzer holten je einmal den EHF-Cup und den DHB-Pokal, zweimal die Meisterschaft und dreimal den Supercup.

Leise Kritik an der HBL

Immer als Taktgeber und Chefstratege dabei war Schmid, der sich nun mit viel Dankbarkeit, aber ebenso mit mahnenden Worten verabschiedet. «Die Bundesliga ist in der Außendarstellung und in der Wahrnehmung die geilste Liga der Welt. Aber ich verstehe immer mehr, warum Topspieler Deutschland verlassen. Diese Liga ist mit ihren 34 Spieltagen ein krasses Hamsterrad», sagte er jüngst in einem Interview des «Mannheimer Morgen».

Die Liga müsse vielleicht darüber nachdenken, die Anzahl der Mannschaften zu reduzieren. «Wenn alles so bleibt, werden die größten Spieler künftig nicht mehr in dieser großen Anzahl bei deutschen Vereinen unter Vertrag stehen. Da bin ich mir relativ sicher.»

Dass er selbst trotz seiner 38 Jahre immer noch in der Bundesliga mithalten kann, zeigte der Schweizer auch in dieser Saison. Dennoch entschied er sich bewusst für einen Abschied – wenn auch nicht wegen der Strapazen. «Es ist ganz einfach an der Zeit, nach Hause zu gehen», sagte der zweifache Familienvater. Gemeinsam mit seiner Frau Therese und den gemeinsamen Söhnen Bio und Levi will er in der Heimat «Wurzeln schlagen».

Zurück in die Heimat

Zunächst wird Schmid seine Spielerkarriere beim HC Kriens-Luzern ausklingen lassen. Beim genialen Rechtshänder laufen aber längst die Planungen für die Zeit nach der aktiven Laufbahn. Schmid will Trainer werden und bereitet sich darauf seit einigen Jahren gewissenhaft vor: «Wie schon als Spieler so strebe ich auch als Trainer nach Höherem. Ich will ganz oben ankommen, verfolge die höchsten Ziele. Ich möchte gerne einmal eine Nationalmannschaft oder einen Top-Club trainieren.»

Zum Beispiel in der Bundesliga, wo man ihn zweifelsohne vermissen wird, auch wenn es kein Vergnügen war, gegen Schmid zu spielen. «Ich wünsche ihm alles, alles Gute in seiner Heimat und hoffe, dass wir uns irgendwann wiedersehen», sagte der Kieler Superstar Domagoj Duvnjak und merkte süffisant an: «Aber bitte nicht mehr auf dem Spielfeld.» Und Schmid verabschiedete sich mit den Worten: «Man sieht sich immer zwei Mal.» Bis dahin, versprach er, werde er daheim vor dem Fernseher der größte Löwen-Fan von allen sein.

Von Rudolf Schiffmann, dpa

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