Martin Hanne war vorgewarnt. Mit so vielen Fragen nach seinem beeindruckenden Länderspiel-Debüt für die deutsche Handball-Nationalmannschaft hatte der 22-Jährige dann aber doch nicht gerechnet.
Als Bundestrainer Alfred Gislason den Neuling 40 Minuten nach dem Testspiel-Sieg gegen Portugal schon in höchsten Tönen lobte, stand Hanne immer noch schweißtriefend in der Interview-Zone.
«Sehr beruhigend, dass es von Anfang an so lief. Das wünscht man sich natürlich», sagte der Rückraumspieler von der TSV Hannover-Burgdorf nach seinem gelungenen Einstand im National-Dress mit fünf Toren. «Natürlich bin ich da sehr stolz drauf und werde bestimmt gut schlafen.» Seine Nervosität im Spiel sei geringer gewesen als gedacht. «Es war zwar alles neu für mich. Ich hatte das ja noch nicht so mit Nationalhymne und so. Aber ich habe mir da keinen Kopf gemacht», berichtete das Handball-Talent abgeklärt.
Beim mühevollen 34:33 kam Hanne Mitte der ersten Halbzeit ins Spiel. Auf Linksaußen statt auf seiner Stammposition im linken Rückraum, weil Rune Dahmke angeschlagen aussetzen musste. Nur wenige Sekunden waren gespielt, da erzielte Hanne mit seinem ersten Versuch sein erstes Länderspiel-Tor. «Volle Kanne. Scheiß drauf, ob das jetzt erfolgreich wird oder nicht. Das hat mir Alfred vor dem Spiel gesagt», sagte der 22-Jährige, der die Vorgabe seines Trainers beherzt umsetzte und sich in einen kleinen Handball-Rausch spielte.
Hanne: Keiner hat etwas erwartet
Gislason, der mit dem Spielverlauf sowie der Abwehr- und Torhüterleistung in der zweiten Halbzeit unzufrieden war, attestierte Hanne ein «sehr gutes Spiel» und schätzte auch die gute Arbeit seines Schützlings im Spiel nach hinten. Mit der Leistung gegen Portugal empfahl sich Hanne als ernsthafte Option für Linksaußen. «Das gibt uns mehr Sicherheit in der Breite», ergänzte Gislason mit Blick auf die Leistung der Jungspunde. Neben Hanne überzeugte auch dessen Bundesliga-Teamkollege Renars Uscins (21).
«Ich will das nicht überbewerten. Das ist das erste Spiel. Da wusste ich auch, dass keiner etwas von mir erwartet», sagte Hanne zurückhaltend. «Die Erwartungen werden natürlich – je mehr Spiele ich so spiele – größer und dessen muss ich mir bewusst sein und daran arbeiten, dass es beständig bleibt.» Dennoch habe ihm die Leistung gegen Portugal Selbstvertrauen gegeben. «Das zeigt mir, dass ich hier auf jeden Fall mitspielen und auch meinen Teil beitragen kann», sagte Hanne.
Spritzen, Einlagen und Zahnschiene
Schon lange zählt Hanne zu den Top-Talenten im deutschen Handball. Mit 17 Jahren stand er erstmals im Kader der Hannoveraner Bundesliga-Mannschaft. Unter dem ehemaligen Bundestrainer Christian Prokop gelang dem wurfgewaltigen Rückraumspieler schließlich der Durchbruch.
Nach einem rasanten Karriereaufstieg folgte 2022 der erste Rückschlag. Trotz seines jungen Alters hatte Hanne mit schwerwiegenden Rückenproblemen zu kämpfen und musste elf Monate pausieren. Spritzen, Einlagen, eine Zahnschiene und «viele Arten von Therapien» brachten ihn wieder in Form. In herausragende Form. Trumpft Hanne bei der EM-Generalprobe gegen Portugal am Samstag (18.00 Uhr/ARD) erneut auf, kommt Gislason bei der EM wohl nicht mehr an ihm vorbei.