Die Jubelschreie von Nationalmannschafts-Neuling David Späth waren selbst in der mit über 10.000 Menschen ausverkauften Münchner Olympiahalle in jeder Ecke zu hören.
Der Handball-Torhüter feierte seine Glanztaten beim Sieg über Ägypten mit Abstand am lautesten. In einer dramatischen Schlussphase avancierte der U21-Weltmeister zum Matchwinner. Und Bundestrainer Alfred Gislason droht nun eine knifflige Entscheidung: Wer hütet bei der Heim-EM im Januar das deutsche Tor – Routinier Andreas Wolff oder sein junger Herausforderer?
Späth sollte in der zurückliegenden Lehrgangswoche hauptsächlich ein bisschen Luft bei den Großen schnuppern. Als Nummer 3 hinter dem genesenen Wolff und Handball-Oldie Silvio Heinevetter war der Torhüter von den Rhein-Neckar Löwen angereist, den Heimweg trat er mindestens als Nummer 2 an. Nach seinem gelungenen Länderspieldebüt im ersten Duell mit dem Afrikameister durfte Späth zwei Tage später von Beginn an zwischen die Pfosten – und überzeugte erneut.
«Der Junge ist ein Riesentalent»
«Der Junge ist ein Riesentalent und jemand, der für Stimmung sorgen kann», lobte Gislason den 21-Jährigen, der nach dem Einbruch der DHB-Auswahl in der Schlussphase zum Rückhalt der Mannschaft wurde. «In der Crunchtime eingewechselt zu werden, macht mich stolz. Dieses Vertrauen wollte ich mit Leistung zurückzahlen. Ich bin froh, dass mir das ganz gut gelungen ist», sagte Späth.
Nach gerade einmal zwei Länderspielen ist der impulsive Schlussmann mehr als nur Ersatz für Platzhirsch Wolff. Der Jungstar hat sich zum ernstzunehmenden Konkurrenten entwickelt – und Routinier Heinevetter klar in den Schatten gestellt. «Er hat sich insgesamt sehr gut verkauft», befand Gislason und ergänzte sofort: «Aber wir wissen auch, was wir an Andi haben».
Zuletzt war das nicht viel. Der 32 Jahre alte Weltklasse-Torhüter hatte sich im Sommer einen Bandscheibenvorfall zugezogen und erst im ersten Ägypten-Spiel sein kurzes Comeback gefeiert. «Er ist schmerzfrei. Er sagt selber, dass ihm die Schnelligkeit fehlt, die er sonst hat. Aber das wird in den nächsten zwei Monaten kommen», berichtete Gislason, der Wolff am Sonntag auf der Bank gelassen hatte.
EM-Nominierung vor Weihnachten
Die Heim-EM findet vom 10. bis 28. Januar 2024 statt. Wenn Wolff 100 Prozent fit ist, ist er die Nummer 1 im Tor. So war zumindest bislang der Plan. Dann kam Späth. «Er hat wichtige Paraden gehabt. Wenn man sieht, wie er bei der U21-WM performt hat, kann das ein Faktor für die Europameisterschaft sein», sagte Teamkollege Lukas Mertens. Spielmacher Juri Knorr attestierte Späth «enorme Präsenz, starke Körperlichkeit und den nötigen Instinkt».
Zwischen den Pfosten ist der Konkurrenzkampf um die Plätze im EM-Kader vielleicht am größten. «Die EM ist das Ziel. Träumen darf man immer. Ich weiß, dass es noch ein langer Weg ist», sagte Späth über seine Hoffnung auf eine Nominierung. Kurz vor Weihnachten will Gislason seinen Kader bekannt geben, der etwa 18 Spieler umfassen soll.
Bis dahin gibt sich Späth noch als zurückhaltender Lehrling von Wolff und Heinevetter. «Ich möchte den ähnlichen Weg gehen wie sie, deshalb schaue ich mir so viel wie möglich ab», berichtete der Neuling im DHB-Team. Auch am Sonntag holte er sich neuen Input von Wolff. Der Europameister von 2016 redete, Späth lauschte gebannt. Bald könnte es aber zum Rollentausch kommen.