Die deutsche Handball-Nationalspielerin Mia Zschocke regt nach den schweren Vorwürfen gegen ihren ehemaligen Trainer André Fuhr Veränderungen «in dem gesamten System» an.
«Angefangen bei neutralen Anlaufstellen, an die sich Betroffene wenden können, wenn sie die Unterstützung nicht vom Verein selbst bekommen», sagte die 24-Jährige dem «Tagesspiegel». «Mich haben so viele Nachrichten von anderen Sportlerinnen abseits des Handballs erreicht, die sich bisher nicht getraut haben. Denen kann ich nur sagen: Seid mutig!»
Mit ihrer fristlosen Kündigung bei Borussia Dortmund hatten die Nationalspielerinnen Zschocke und Amelie Berger den Fall Fuhr Mitte September öffentlich gemacht. Mittlerweile haben sich zahlreiche Spielerinnen gemeldet, die nach eigenen Angaben psychisch unter den Trainingsmethoden des ehemaligen Coaches gelitten hatten. Dem Deutschen Handballbund (DHB) war vorgeworfen worden, trotz der in der Szene schon lange kursierenden Vorwürfe nicht oder nur unzureichend gehandelt zu haben.
«Es gab durchaus einen Shitstorm», berichtete Zschocke, die inzwischen beim norwegischen Club Storhamar Handball spielt, über die Reaktionen nach der Kündigung. «Dass die Sache medial so aufgeploppt ist, ist heftig. Das war ein Auf und Ab. Aber ich bin froh, dass das Thema jetzt öffentlich ist und vergangene Betroffene gehört wurden.»
Kraft gebe ihr, dass sich mittlerweile mehrere dutzend Betroffene gemeldet hätten. «Das ist ein Gefühl der Solidarität, das sich da entwickelt. Nicht nur bei uns, sondern auch in anderen Sportarten. Da ist es wichtig, dass das aufgearbeitet wird und Interventionsmaßnahmen geschaffen werden.» Zschocke nannte dem Bericht zufolge Beispiele aus dem Schwimmen und Turnen.
Wegen der Causa Fuhr hat sich Zschocke psychologische Hilfe gesucht. «Wir hatten so schwere Zeiten. Das verheilt nicht so schnell wie ein Knochenbruch. Das nimmt man länger mit», sagte die Rückraumspielerin, die mit der DHB-Auswahl an der am Freitag beginnenden EM in Slowenien, Nordmazedonien und Montenegro teilnimmt. Das deutsche Team startet am 5. November in Podgorica gegen Polen ins Turnier.