Deutschlands Spieler jubeln nach dem Sieg. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Tom Weller/dpa)

Deutschlands Handballer stürmten wie in Ekstase auf ihren überragenden Torhüter Andreas Wolff zu, die ausverkaufte Kölner Lanxess Arena feierte den Sieg-Helden mit lauten Sprechchören. Einmal mehr hat der 32 Jahre alte Torhüter die DHB-Auswahl mit glänzenden Paraden zum Erfolg geführt und die Hoffnungen auf ein neues Wintermärchen weiter angeheizt. «Insgesamt haben wir Charakter bewiesen, Moral gezeigt», sagte Wolff und gab zu, «emotional sehr mitgenommen» zu sein. 

Zum Hauptrunden-Auftakt setzte sich das DHB-Team gegen Island in einem hart umkämpften Spiel 26:24 (11:10) durch und feierte damit einen wichtigen Sieg auf dem Weg ins Halbfinale. Vor 19 750 Zuschauern war Führungsfigur Juri Knorr mit sechs Treffern bester deutscher Werfer. 

«Das war ein sehr anstrengendes Spiel», sagte Trainer Alfred Gislason nach der nervenaufreibenden Partie gegen sein Heimatland beim ZDF: «Riesenkompliment an unsere Jungs.» Sein Team habe einen unglaublichen Charakter gezeigt. «Ich glaube, dieses Spiel hat der Mannschaft unglaublich viel gebracht.» 

Zuvor hatte sich am Donnerstag Olympiasieger Frankreich gegen Kroatien knapp mit 34:32 durchgesetzt und mit 4:0 Punkten die Tabellenführung in der Gruppe I übernommen. Wie der Rekord-Weltmeister ist auch Österreich weiter ungeschlagen. Die Österreicher, am Samstag nächster Gegner der DHB-Auswahl, gewannen gegen Ungarn mit 30:29 und verfügen über 3:1 Punkte.

Falsche Hymne abgespielt

Das für Gislason «besondere und emotionale Duell» hatte mit einer Panne begonnen. Aus den Lautsprechern ertönte zwar die isländische Hymne, allerdings aufgrund technischer Probleme verzerrt. Beim zweiten Versuch klappte es und auch Gislason sang mit. «Ich bin zwar Isländer, aber ich arbeite mit der deutschen Mannschaft und liebe dieses Team», hatte der 64-Jährige vor dem Anpfiff klargestellt.

Doch seine Mannschaft tat sich gegen Islands bewegliche Rückraumspieler zunächst schwer und lief bis zur 13. Minute einem Rückstand hinterher. Auch gegen den robusten Ex-Kieler Aron Palmarsson, der im Eins-gegen-Eins kaum zu verteidigen war, fand das DHB-Team in der Anfangsphase keine Mittel. 

Wolffs Paraden als Lebensversicherung

Deutschland brauchte die Heim-Kulisse, Linksaußen Rune Dahmke forderte die Menge zu noch mehr Unterstützung auf. Dass die deutsche Mannschaft zu diesem Zeitpunkt nicht noch deutlicher zurücklag, lag an Torhüter Andi Wolff, der sein Team mit starken Paraden im Spiel hielt. In der 14. Minute ging die DHB-Auswahl erstmals in Führung (6:5) und brachte den Kölner Hexenkessel zum Überkochen.

Deutlich unkonzentrierter als Wolff agierten seine Vordermänner, die Mitte der ersten Halbzeit gleich vier Angriffe verschenkten. Vor allem EM-Neuling Martin Hanne zeigte sich bei seinen Abschlüssen aus dem Rückraum viel zu ungeduldig. «Es ist ein sehr unangenehmes Spiel, weil die Isländer eine sehr aggressive, offensive Abwehr spielen, die uns am Spielfluss hindert. Was natürlich fehlt, ist unser Tempospiel. Wir müssen mit noch mehr Risiko ins Tempospiel gehen», forderte DHB-Sportvorstand Axel Kromer zur Pause. 

Gislason verzweifelt an der Seitenlinie

Doch seine Ansprache zeigte keine Wirkung. Im Gegenteil, Deutschland machte nach Wiederanpfiff so weiter, wie es aufgehört hatte – mit starken Reflexen von Wolff und schwachen Würfen aufs gegnerische Tor. Gislason verzweifelte an der Seitenlinie. Seine Miene verbesserte sich erst, als Rechtsaußen Timo Kastening mit sehenswerten Drehern zum 16:14 stellte.

Doch das deutsche Spiel blieb zu zerfahren. 14 Minuten vor Schluss konnte Island zum 16:16 ausgleichen und ging wenig später sogar wieder in Führung. Unmittelbar zuvor hatte Spielmacher Knorr einen Siebenmeter versemmelt. Die Schlussphase wurde endgültig zum wilden Handball-Krimi. Wolff parierte kurz vor Schluss beim Stand von 24:22 einen Siebenmeter. Und das Gleiche machte er wenig später beim Stand von 24:23. 

«Ich glaube, er ist im Moment der beste Torhüter der Welt», betonte Gislason. Und Wolff sagte zu den Andi-Sprechchören vor den entscheidenden Paraden: «Ich wurde freundlichst aufgefordert, die Siebenmeter zu halten.» Der Bitte habe er nachkommen wollen. 

Von Jordan Raza und Eric Dobias, dpa

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