Bob Hanning wird sich auch diesmal nicht anpassen. Zu seiner letzten WM als Vizepräsident des Deutschen Handballbundes (DHB) fliegt der 52-Jährige mit einem Koffer voller schriller Klamotten.
Vielleicht trägt er in Ägypten wieder das pinke Jackett oder den gelben Pulli mit Schweinchenmuster – und es werden sich wohl erneut einige Funktionäre oder Ex-Nationalspieler an seinem Kleidungsstil stören. Aber Hanning wird sich nicht darum scheren. «Es wird wie immer bunt», kündigt er stattdessen mit einem Schmunzeln an.
Nach über sieben Jahren in der DHB-Spitze reist der nach wie vor mächtigste Mann des deutschen Handballs ein letztes Mal mit der Nationalmannschaft zu einer Weltmeisterschaft. Und Hanning wäre nicht Hanning, wenn er nicht trotz der coronabedingten Absagen zahlreicher Stammkräfte ambitionierte Ziele für die DHB-Auswahl formulieren würde. «Natürlich gibt es Mannschaften, die nominell besser besetzt sind als unsere», sagt er. «Aber das heißt ja nicht, dass man das nicht mit Leidenschaft ausgleichen kann. Leidenschaft beinhaltet ja auch das Wort leiden, und wenn unsere Mannschaft dazu bereit ist, ist vieles drin. Auch das Halbfinale.»
Hanning weiß, dass seine forschen Töne in der sportlichen Führung nicht bei jedem auf Begeisterung stoßen. Aber ein paar Monate werden sie ihn noch ertragen müssen. Im Anschluss an die Olympischen Spiele im Sommer macht Hanning dann Schluss. Dem Verband wird danach der eifrigste, umtriebigste, lauteste und auch streitbarste Funktionär in seiner Geschichte fehlen. Es gibt nicht wenige Menschen, die sich an Hanning gerieben haben. Es gibt aber auch keinen, der seine Leistung für den DHB nicht anerkennt.
«Man kann von ihm halten, was man will», hat der ehemalige Nationalspieler Stefan Kretzschmar mal gesagt. «Fakt ist: Der DHB ist so gut und so professionell aufgestellt wie seit Jahren nicht – und das hängt vor allem mit der Person Bob Hanning zusammen.» Daran hat sich bis heute nichts geändert. Angetrieben von Hanning hat sich der DHB der größten Strukturreform seit seinem Bestehen unterzogen und einen hauptamtlichen Vorstand installiert. Auch dank seines Netzwerks schloss der DHB vor gut zwei Jahren einen gigantischen TV-Vertrag ab, in dem sich ARD und ZDF die Übertragung aller Großturniere (WM und EM) bis 2025 sicherten.
Es war vor Jahren auch Hannings Idee, Dagur Sigurdsson zum Bundestrainer zu machen. Die teils massiven Widerstände gegen diesen Plan verstummten spätestens dann, als Sigurdsson 2016 sensationell den EM-Titel holte. Aber es war auch Hannings Idee, Christian Prokop als Nachfolger von Sigurdsson zu installieren. «Was mir am meisten wehtat, war mein Scheitern mit der Idee von Christian Prokop», sagt er heute. Vor knapp einem Jahr hatte sich der DHB vom glücklosen Prokop getrennt und damit ein langes Missverständnis beendet. Noch heute bezieht der 42-Jährige Gehalt vom DHB, weil er damals mit einem ungewöhnlich langen Vertrag bis 2022 ausgestattet worden war. Aber ihn belaste dieses Scheitern «eher emotional», sagt Hanning.
Die Verpflichtung von Prokops Nachfolger Alfred Gislason trieben dann andere voran. Dennoch wäre eine erfolgreiche WM der deutschen Mannschaft auch eine erfolgreiche für Hanning. Trotz vieler Bedenken hat er sich für die erste Handball-WM unter Corona-Bedingungen eingesetzt. «Wir müssen weiter Menschen vor die Fernseher ziehen», betont er. «Wir müssen riesengroße Austrittswellen in unserer Sportart verhindern. Darum ist das Turnier elementar wichtig.»