Frankreichs Nikola Karabatic setzt gegen die Isländer Ymir Gislason (r) und Ellidi Vidarsson (18)zum Wurf an. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Zsolt Szigetvary/MTI/AP/dpa)

Frankreichs Handball-Superstar Nikola Karabatic war nach einer selten erlebten Achterbahnfahrt der Gefühle fix und fertig.

«Das war ein verrücktes Spiel. So etwas habe ich schon lange nicht mehr erlebt», sagte der 37-Jährige nach dem Einzug des Olympiasiegers ins EM-Halbfinale durch das wundersame Comeback beim 30:29 gegen Dänemark. «Wir haben daran geglaubt und uns bis zum Ende durchgebissen. Es war eine große Aufholjagd.»

Zwölf Minuten vor Schluss lag die «Equipe tricolore» mit vier Toren in Rückstand. Es drohte die Heimreise. Doch dann raffte sich das Team zu einer unglaublichen Energieleistung auf. «Wir haben mit Herz, Wut und Energie gespielt», sagte Topwerfer Hugo Descat. Für Karabatic lebt der Traum vom vierten EM-Triumph mit Frankreich nach 2006, 2010 und 2014 damit weiter. «Es macht einen wirklich stolz, siegreich aus diesem Spiel herausgegangen zu sein», sagte der Routinier.

Frankreich nun im Halbfinale gegen Schweden

Karabatic und Co. treffen nun im Kampf um das Endspielticket am 28.. Januar (20.30Uhr) auf den WM-Zweiten und Rekord-Europameister Schweden – und wollen Revanche nehmen für das im Vorjahr verlorene WM-Halbfinale. Viel wird dabei auf Karabatic ankommen. «Nikola war ein echter Chef», lobte Rückraumspieler Melvyn Richardson den Familienvater von zwei Kindern für dessen starken Auftritt im Duell mit den Dänen.

Der Oldie ist zwar nicht Kapitän der Mannschaft, aber auf und neben dem Parkett ein ganz wichtiges Bindeglied zwischen der alten und neuen Spielergeneration. Als Karabatic im November 2002 in der französischen Auswahl debütierte, waren viele seiner heutigen Teamkollegen erst im Kindergartenalter. Seither hat der Ausnahmekönner, der dreimal Olympia-Gold gewann und viermal Weltmeister wurde, weit mehr als 300 Länderspiele für die Grande Nation bestritten.

Auch in Deutschland hinterließ Karabatic im Laufe seiner Erfolgskarriere Spuren. Von 2005 bis 2009 spielte er beim Rekordmeister THW Kiel unter dem heutigen Bundestrainer Alfred Gislason. 2007 gewann er mit den Kielern die Champions League, was ihm auch 2003 mit Montpellier HB und 2015 mit dem FC Barcelona gelang.

Karabatic bemängelt «lasche Corona-Regeln»

Die EM in Ungarn und der Slowakei hätte beinahe ohne den Profi von Paris Saint-Germain stattgefunden. Ende Dezember fiel ein PCR-Test bei Karabatic positiv aus. Doch pünktlich zum Turnierstart meldete er sich wieder fit – und regte sich noch vor dem ersten Spiel lautstark über die laschen Corona-Regeln in Ungarn auf. «Wir sind fassungslos über die Bedingungen, unter denen diese EM steht», schimpfte er. «Wir haben strenge Protokolle befolgt, um uns das Virus nicht einzufangen. Und dann kommen wir hier im Hotel an und bewegen uns unter Gästen, die keine Masken tragen. Wir essen auch an den gleichen Orten», berichtete er.

Zwar sind die Franzosen bei der Endrunde von der Omikron-Welle nicht so hart getroffen worden wie beispielsweise die deutsche Mannschaft, in der es insgesamt 16 Spieler erwischte. Unbeschadet sind aber auch sie nicht durchgekommen. Cheftrainer Guillaume Gille und Kreisläufer Nicolas Tournat sitzen in Quarantäne und werden das Halbfinale gegen Schweden wohl verpassen.

Doch egal: das Dänemark-Spiel hat die Franzosen in ihrem Glauben an einen Sieg bestärkt. «Es war eine echte mentale Herausforderung», sagte Karabatic nach dem Abpfiff. «Wir hätten den Kopf hängen lassen und aufhören können zu spielen. Aber wir haben uns trotzdem nicht unterkriegen lassen und weitergemacht», sagte er. Vielleicht kommt es am Sonntag im Finale sogar zum Wiedersehen mit den Dänen. Die treffen im anderen Halbfinale auf Titelverteidiger Spanien.

Von Eric Dobias, dpa

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