Deutschlands Trainer Alfred Gislason war mit dem Spielplan unzufrieden. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jan Woitas/dpa)

Noch immer enttäuscht über das Ende des Medaillentraums und genervt vom Reisestress erreichten die deutschen Handballer den finalen Ort ihres WM-Trips.

Statt um Edelmetall geht es für die DHB-Auswahl bei der Platzierungsrunde in Stockholm nur noch um einen vernünftigen Abschluss des Turniers, in dem das junge und unerfahrene Team von Bundestrainer Alfred Gislason spätestens bei der klaren 28:35-Niederlage im Viertelfinale gegen Olympiasieger und Rekord-Weltmeister Frankreich seine Grenzen aufgezeigt bekommen hat.

«Die Enttäuschung ist definitiv da, denn wir haben auf das Halbfinale geschielt», räumte DHB-Sportvorstand Axel Kromer vor dem Spiel gegen Ägypten an diesem Freitag (15.30 Uhr/ARD) ein. «Da ist etwas zerbrochen bei den Jungs.»

Ziel Platz fünf

Kapitän Johannes Golla gab vor dem Duell mit dem Afrikameister zu: «Die Beine sind schwer, die Köpfe sind unten.» Dennoch forderte der 25-Jährige von der SG Flensburg-Handewitt: «Wir müssen zeigen, dass wir uns auch für einen fünften Platz bei einer Weltmeisterschaft begeistern können. Fünfter hört sich besser an als Sechster, Siebter oder Achter. Wir wollen uns vernünftig aus dem Turnier verabschieden.»

Torwart-Routinier Andreas Wolff richtete einen ähnlichen Appell an seine Teamkollegen. «Es geht jetzt darum, wieder aufzustehen und zu zeigen, dass wir nach Rückschlägen nicht aufstecken», sagte der 31-Jährige. Bei der Pleite gegen Frankreich habe sich die Mannschaft in der Schlussphase «ein bisschen aufgegeben». Dieser Eindruck soll um jeden Preis korrigiert werden.

Zumal die deutsche Mannschaft noch eine Rechnung begleichen will. «Mit den Ägyptern haben wir noch ein Hühnchen zu rupfen, weil sie uns bei Olympia aus dem Viertelfinale gekickt haben. Dafür wollen wir uns revanchieren», sagte Wolff.

Kräfte mobilisieren

Um das Spiel um Rang fünf am Sonntag zu erreichen, müssen noch einmal die letzten Kräfte mobilisiert werden. Vor allem bei den Vielspielern im Team seien in der Schlussphase des Frankreich-Spiels «die Batterien ausgegangen», stellte Gislason fest.

Der Bundestrainer machte dafür auch den Modus der Endrunde in Polen und Schweden verantwortlich. «Was mich ein bisschen ärgert, ist der Spielplan. Es ist ein Unterschied, ob man zwei Tage frei hat vor solch einem Spiel oder nur einen, so wie wir. Das war ein großer Faktor», kritisierte der 63-Jahre alte Isländer.

Während die Franzosen ihr letztes Hauptrundenspiel bereits am vergangenen Sonntag bestreiten konnten, musste die DHB-Auswahl am Montagabend noch gegen Norwegen ran und am spielfreien Dienstag von Kattowitz nach Danzig fliegen. «Das war schon eine große Belastung. Wir konnten uns auf das Spiel gar nicht richtig vorbereiten», klagte Gislason.

Wenig Zeit zum Ausruhen

Die Ausgangslage gegen Ägypten ist ähnlich. Der Rivale weilte schon zum Viertelfinale gegen Co-Gastgeber Schweden in Stockholm, Gislason und seine Schützlinge mussten nach einer kurzen Nacht am Donnerstag dorthin fliegen. Zu allem Überfluss warteten sie nach der Landung auch noch eine Stunde lang auf ihr Gepäck.

Viel Zeit zum Aufladen der Akkus blieb da nicht. Dennoch versprach Gislason: «Wir werden alles reinwerfen, um das Spiel zu gewinnen und das bestmögliche Ergebnis aus diesem Turnier herauszuholen.» Das wollen auch seine Schützlinge, die gegen Frankreich 40 Minuten lang auf Augenhöhe agierten, dann aber einbrachen. «Man hat gesehen, dass es gegen einen ganz großen Gegner noch nicht reicht. Wir müssen cleverer und abgezockter werden», forderte Wolff.

Gislason attestierte dem Team dennoch eine gute WM: «Ich denke, dass die Jungs sehr viel gelernt haben bei diesem Turnier. Wir sind ein großes Stück weitergekommen.» Bis zur Heim-EM im kommenden Jahr will man noch näher an die absolute Weltspitze heranrücken. «Die Mannschaften, die im Halbfinale stehen, sind uns einen Schritt voraus», sagte Golla. «Aber wir sind auf einem guten Weg.»

Pekeler-Rückkehr?

Den könnte demnächst auch Hendrik Pekeler wieder mitgehen. Der Weltklasse-Kreisläufer vom deutschen Rekord-Meister THW Kiel, der sich nach den Olympischen Spielen in Tokio eine Auszeit von der DHB-Auswahl genommen hatte, hat sein Comeback in Aussicht gestellt. «Es gab an Weihnachten eine kleine Abstimmung innerhalb der Familie, ob ich wieder Nationalmannschaft spielen soll. Das Ergebnis war 10:0, dass ich wieder spielen soll», berichtete der 31-Jährige im Podcast der Rhein-Neckar Löwen.

Gislason würde das sehr begrüßen. «Er ist einer der Weltbesten in Angriff und Abwehr, weil er beides gut kann», sagte der Bundestrainer über Pekeler. Der müsse jetzt entscheiden, «ob er sich das zutraut». Gislason hatte bereits vor der WM angekündigt, dass er den Routinier nach der Endrunde kontaktieren wolle. «Wenn ich merke, ich habe ein gutes Gefühl und keine Probleme, dann werden wir uns zusammensetzen und eine Lösung finden», sagte Pekeler.

Eric Dobias, dpa

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