Die historische Corona-Absage des zweiten WM-Vorrundenspiels der deutschen Handballer gegen Kap Verde sorgte auf den Fluren des Teamhotels in Gizeh für große Erleichterung.
«Es ist die einzig richtige Entscheidung, um Druck aus der Situation zu nehmen», kommentierte DHB-Vizepräsident Bob Hanning die Absetzung der Partie durch den Weltverband IHF. Damit hätten die Verantwortlichen deutlich gemacht, «dass die Spieler nicht einem unnötigen Risiko ausgesetzt werden. Daher begrüßen wir diese Entscheidung sehr.»
Kapitän Uwe Gensheimer und seine Mitspieler erfuhren kurz vor dem Spaziergang zum Mittagessen von der erlösenden Nachricht. Nach stundenlangem Warten in der Nähe der Pyramiden von Gizeh berichtete der Weltklasse-Linksaußen von einer guten Stimmung innerhalb der Mannschaft. «Wir waren ein Stück weit erleichtert, dass eine Entscheidung getroffen und das Spiel abgesagt wurde», sagte der 34-Jährige.
Nun werde der Blick auf das abschließende Vorrundenspiel am 19. Januar (20.30 Uhr/ZDF) gegen Ungarn gerichtet. Weil das ausgefallene Duell mit Kap Verde entsprechend den Regeln mit 10:0 für die DHB-Auswahl gewertet wird, steht die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason nach dem 43:14-Auftaktsieg gegen Uruguay vorzeitig in der Hauptrunde.
Gensheimer & Co. hatten sich lange gedulden müssen, weil die IHF erst spät über die Situation bei Kap Verde beriet. Nachdem es im Team der Afrikaner zwei weitere Corona-Fälle gegeben hatte, standen dem WM-Neuling nur noch neun spielberechtigte Akteure zur Verfügung. Vorgeschrieben sind bei der Endrunde in Ägypten aber zehn Spieler inklusive Torwart. Es ist das erste Mal in der 83-jährigen WM-Geschichte, dass ein deutsches Endrundenspiel abgesagt wurde.
Nach der IHF-Entscheidung atmete auch Delegationsleiter Axel Kromer auf. «Wir sind froh und erleichtert, dass wir nach ungewissen Stunden endlich Klarheit haben», sagte der Sportvorstand des Deutschen Handballbundes. «Aus rein sportlicher Sicht fehlt uns diese Partie natürlich, weil wir mit unserer neuformierten Nationalmannschaft eigentlich jede Wettkampfminute benötigen. Wir sind für Handball hier, aber mit dem Verzicht auf dieses Spiel fühlen wir uns wohler.»
Obwohl bereits vor dem Turnier etliche Corona-Fälle bei den Afrikanern aufgetreten waren, hatten sie die Reise nach Ägypten angetreten. Kurz nach der Ankunft in Kairo wurden weitere vier Spieler positiv auf Covid-19 getestet, die sich in Quarantäne begeben mussten. Trotzdem trat Kap Verde noch zum Gruppenspiel gegen Ungarn (27:34) an.
Ob sich dabei möglicherweise auch ungarische Spieler angesteckt haben, ist unklar. Ungarn ist der letzte Vorrundengegner der DHB-Auswahl. Sorgen machen sich die deutschen Spieler aber nicht. «Die Ungarn, die gegen sie gespielt haben, können sich sehr sicher fühlen, sich nicht infiziert zu haben», sagte Kromer mit Blick auf die Corona-Werte der positiv getesteten Spieler Kap Verdes.
Bundestrainer Gislason lenkte seinen Fokus daher sofort auf die Vorbereitung auf das richtungsweisende Spiel. «Wir werden den heute gewonnenen Trainingstag nutzen, um wettkampfspezifische Reize zu setzen und das Zusammenspiel weiter zu stabilisieren», verkündete der Isländer.
Sportlich schmerzt die Absage, da es in der letzten Vorrundenpartie neben dem Gruppensieg vor allem um wichtige Punkte für die Hauptrunde geht. Zur Vorbereitung fehlt der DHB-Auswahl nun ein Spiel mit Wettkampfcharakter. Andererseits steht Gislason eine weitere Trainingseinheit zur Verfügung. Diese kann er unter anderem nutzen, um nach der verletzungsbedingten Abreise von Rechtsaußen Tobias Reichmann den nachnominierten Patrick Groetzki heranzuführen.
«Ich saß beim Abendessen, da habe ich Alfreds Nummer auf meinem Handy-Display gesehen. Ich habe ihm gesagt, dass ich bereit bin», sagte Groetzki vor seinem Abflug dem TV-Sender Sky. Zunächst musste der 31-Jährige noch in einem Frankfurter Flughafenhotel auf das Ergebnis seines Corona-Tests warten. Gegen Ungarn könnte der Profi der Rhein-Neckar Löwen dann erstmals eingesetzt werden.
Auch Kap Verde hofft trotz der Spielabsage und der Niederlage am grünen Tisch noch auf das Weiterkommen, wofür ein Sieg gegen Uruguay reicht. Daher will der WM-Neuling vier Ersatzspieler nach Ägypten holen. «Sie werden sich täglich weiter Testungen unterziehen. Wenn diese alle negativ ausfallen, ist es sicher kein Risiko», sagte Hanning zum vorläufigen Verbleib der Mannschaft im Turnier.