Für den Showdown um Europas Handball-Krone musste Filip Jicha seine Schützlinge am Ende einer langen Saison nicht extra motivieren.
«Die Spieler wissen, dass sie nächste Woche mit irgendeinem Getränk am Strand liegen werden. Das beflügelt natürlich. Und sie wissen, dass sie ein sportliches Märchen wahr machen und Geschichte schreiben können», sagte der Trainer des THW Kiel vor dem Final4 in der Champions League an diesem Wochenende im mit 20.000 Fans erstmals seit drei Jahren wieder ausverkauften Kölner Handball-Tempel.
Sagosen und Pekeler fehlen
Auch ohne Superstar Sander Sagosen und Abwehrchef Hendrik Pekeler, die wegen schwerer Verletzungen lange ausfallen, will der deutsche Rekordmeister zum fünften Mal nach 2007, 2010, 2012 und 2020 in der Königsklasse triumphieren. «Die Jungs sind heiß und werden alles reinhauen», verkündete Jicha vor dem Halbfinale am Samstag (18.00 Uhr/DAZN und servustv.com) gegen Titelverteidiger und Rekordsieger FC Barcelona und fügte kämpferisch hinzu: «Ich bin besessen von Siegen. Wir versuchen, das Unmögliche möglich zu machen.»
In der Neuauflage des siegreichen Endspiels von 2020, das wegen der Corona-Pandemie vor leeren Rängen stattfand, ist der THW nur Außenseiter. «Die haben eine Weltklassemannschaft. Wenn wir Barça am Samstag besiegen wollen, brauchen wir eine kleine sportliche Sensation. Das wissen wir», betonte Jicha am Freitag.
Jicha: «Ausfälle machen uns unberechenbar»
Dennoch sieht der 40-Jährige sein Team nicht chancenlos, auch wenn Sagosen und Pekeler schmerzhaft vermisst werden. «Das macht uns auch ein wenig unberechenbar. Ihren Ausfall kann du nicht über vier, fünf Monate kompensieren. Aber an einem Wochenende geht das. Wir haben definitiv nichts zu verlieren», sagte Jicha und gab die Marschroute vor: «Wir dürfen Barcelona nicht ins Rollen kommen lassen.»
Die Vorfreude auf das Event ist bei den Spielern riesengroß. «Als wir 2020 den Titel gewonnen haben, waren die Zuschauer nicht dabei. Deshalb sind wir glücklich, dass die Halle voll sein wird», sagte Kreisläufer Patrick Wiencek und prophezeite: «Das wird ein ganz anderes Turnier.»
Die lange Mammut-Saison wird dabei verdrängt. «Wenn man auf das Feld kommt und die 20 000 Zuschauer sieht, will man alles geben», sagte THW-Kapitän Domagoj Duvnjak. Der DHB-Pokalsieger, der den Meistertitel in diesem Jahr dem SC Magdeburg überlassen musste, will mit aller Macht ins Finale. «Ich habe keinen Bock, um den dritten Platz zu spielen. Wir sind bereit und haben keinen Druck», sagte Duvnjak.
Nationaltorwart Wolff wünscht sich Duell mit Kiel
Sollte der THW den zehnmaligen Rekordgewinner besiegen, wartet am Sonntag der Gewinner des ersten Halbfinalduells zwischen dem ungarischen Topclub Telekom Veszprem und dem polnischen Meister Vive Kielce mit Nationaltorwart Andreas Wolff. Der 31-Jährige, der von 2016 bis 2019 zwischen den Kieler Pfosten stand, hofft auf ein Wiedersehen mit seinem Ex-Club. «Es wäre ein Traum, das Endspiel gegen den THW bestreiten zu können», sagte Wolff. «Ich habe da immer noch Freunde und würde es ihnen natürlich gönnen, ins Finale einzuziehen. Ich drücke dem THW die Daumen – aber natürlich nicht so viel, dass sie mich in einem möglichen Endspiel besiegen.»
Für den DHB-Keeper ist es der erste Auftritt beim ausverkauften Finalturnier in der Domstadt. «Es ist daher schwer sich vorzustellen, was auf einen zukommt. Ich bin ein bisschen nervös, aber auch freudig erregt, dass ich endlich die Chance habe, beim größten Handball-Vereinsevent der Welt dabei sein zu können. Ich kann es kaum erwarten, dass es losgeht», betonte Wolff. Das gilt auch für seine Ex-Kollegen aus Kiel.